Biowinzer des Jahres Marco Casanova: «Jeden Jahrgang gibt es neu zu entdecken»

10. Juli 2017

Der Schweizer Bioweinbau legt weiter zu. Das lässt sich unter anderem an steigenden Rebflächen ablesen. Dieses Jahr steht eine Region und ihre Weine im Rampenlicht: Die Weine am Ufer des Walensees im Kanton St. Gallen, mitunter jene vom Biowinzer des Jahres 2017, Marco Casanova. Zwischen den mächtigen Felswänden der Churfirsten und dem idyllischen Walensee bewirtschaftet der 49-jährige Winzer rund fünf Hektaren Reben in spektakulären Steillagen. Mit biodynamischem Anbau entstehen Weine mit grossem individuellem Ausdruck, wie er im Interview aufzeigt.


Welches ist Ihr Erfolgsrezept als Winzer?

Es gibt kein Rezept. Erfolg entsteht aus langer Erfahrung, Stärke, Durchhaltevermögen, Wille und einer Portion Glück.


Was ist das Spezielle am Terroir am Walensee?

Das Terroir von Walenstadt besteht aus kalkhaltigem Sedimentgestein. Es ist tiefgründig und von guter Durchlässigkeit für Niederschlagswasser; es ist sehr steil und bietet ein optimales Klima. Tagsüber werden die Trauben von der Spiegelung des Walensees und intensiver Sonneneinstrahlung stark erhitzt, abends werden sie vom Fallwind abgekühlt, der über die hohen Felswände der Churfirsten herunterweht. Dieses Wechselspiel zwischen heissen Tagen und kühlen Nächten ist für die Aromenbildung entscheidend.

Ihre Weine werden nach Demeter-Richtlinien produziert, was bedeutet das konkret?

Die Basis ist dieselbe wie beim biologischen Anbau. Zusätzlich bringe ich gewisse Präparate aus, zum Beispiel Hornmist- und Kieselpräparate, aber auch Tees. Dann arbeite ich nach Mond- und Planeten-Konstellationen. Diese bestimmen die Zeitpunkte, wann zum Beispiel der Winterschnitt der Reben vollzogen oder wann der Wein behandelt und in die Flaschen abgefüllt wird. Im Keller arbeite ich ohne Reinzucht-Hefen: Ich lasse die Weine spontan mit den Hefen vergären, welche die Trauben aus dem Rebberg mitbringen und solchen, die bereits im Keller vorhanden sind. Zudem ist der Einsatz von Sulfiten sehr beschränkt, und es kommen keine Enzyme oder Schönungsmittel zum Einsatz. Das heisst: So natürlich wie nur möglich – oder eben Wein Pur!


Welchen Einfluss hat das auf den produzierten Wein?

Die Konsumentinnen und Konsumenten erhalten ein «ungeschminktes», ehrliches und natürliches Produkt, bei dem auch Jahrgangsschwankungen normal sind. Jeden Jahrgang gibt es neu zu entdecken.


Welchen Stellenwert haben pilzwiderstandsfähige Piwi-Sorten bei Wein Pur?

Da ich den Betrieb mit bestockten Reben übernommen habe, verfüge ich derzeit nur über eine Piwi-Sorte. Bei Neupflanzungen bin ich jedoch daran interessiert, Piwi-Sorten zu nutzen. Es müssen jedoch Sorten sein, die für den Winzer, das heisst auch für verschiedene Kelterungsarten, sowie für Konsumentinnen und Konsumenten interessant sind.


Welches ist Ihre Vision für Wein Pur?

Im schwierigen Umfeld des Weinmarktes soll Wein Pur leicht und nachhaltig wachsen können. Dabei möchte ich Walenstadt als kleine Weinbau-Gemeinde mit langer Tradition im Schweizer Weinmarkt noch weiter bekannt machen und stetig an der Qualität der Weine arbeiten.

Wo ist Ihr Wein erhältich?

Über meine Internetseite www.casanova-weinpur.ch, verschiede kleine lokale Händler und die Gastronomie. Auf Anfrage gebe ich gerne die Liste bekannt.


Wo sehen Sie den Biolandbau in der Schweiz im Jahr 2035?

Ha, das ist jetzt eine schwierige Frage! Ich bin dann im Pensionsalter und hoffentlich noch am Wein machen. Ich wünsche mir, dass der Biolandbau stetig wächst und die Auflagen der EU und des Bundes so gestaltet werden, dass die Bioproduktion auch für kleine Betriebe rentabel sein kann. Bioprodukte sollten für die Konsumentinnen und Konsumenten selbstverständlich und im Vergleich zu konventionell produzierten Produkten preislich gleich teuer oder gar günstiger sein.


Mehr erfahren und e-shop: www.casanova-weinpur.ch

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