Grand Prix Bio Suisse 2017 geht in die Zentralschweiz: Interview mit Andi Lieberherr, Geschäftsführer RegioFair

05. Dezember 2017



Bio Suisse vergibt jedes Jahr den «Grand Prix Bio Suisse». Der Preis geht an Personen oder Institutionen, die sich für die Entwicklung des Bio-Landbaus oder der Bio-Verarbeitung in der Schweiz einsetzen. Der diesjährige Sieger ist die RegioFair Agrovision Zentralschweiz AG. Geschäftsführer Andi Lieberherr beantwortet im Interview Fragen zur Bedeutung des Preises, zu Margen und zur Innovationskraft der Zentralschweizer Bäuerinnen und Bauern.


Andi Lieberherr, was bedeutet Ihnen der Preis?

Der Preis freut mich riesig. Wenn ich zurückdenke, wie 2009 alles angefangen hat und dass wir nun mit dem Grand Prix Bio Suisse ausgezeichnet wurden – einfach gewaltig. Damals haben sich die Bio-Betriebe der Zentralschweizer Kantone zusammengeschlossen und eine regionale Vermarktungs- und Dienstleistungsplattform aufgebaut, um ihre Produkte besser vermarkten zu können. Damit bleibt die gesamte Wertschöpfungskette in der Zentralschweiz – von den Rohprodukten innerschweizerischer Knospe-Betriebe über die Verarbeitung bis hin zur Logistik. Ich denke, es ist dieser innovative Ansatz, den die Jury überzeugt hat.

Die Jury lobte, RegioFair habe «Leuchtturmcharakter weit über die Region hinaus.» Was sagen Sie dazu?

Wenn die Jury den Leuchtturm als Symbol sieht, mit unbedingtem Willen den eigenen Weg erfolgreich zu gehen, dann kann ich nur zustimmen. Aber eigentlich haben wir ja nur umgesetzt, was auf der Hand lag: Wir produzieren, verarbeiten und vermarkten unsere Produkte selber. Und wir pflegen einen sehr engen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden.

Sie entwickeln ständig neue Produkte. Welchen Prozentsatz ihres Umsatzes setzen Sie für die Entwicklung ein?

Mein Wunsch war es immer, das weltbeste Sandwich zu machen – und zwar in Knospe-Qualität. Um das zu erreichen, lag der Entwicklungsaufwand am Anfang bei drei bis vier Prozent. Heute sind es rund ein Prozent. Aber dieses eine Prozent bringt uns Jahr für Jahr weiter. Wer nicht entwickelt, bleibt stehen und verwaltet. Wir können uns im Fachhandel nur durch Innovation abheben – und dazu gehören Produkte, die sie nicht an jeder Ecke kaufen können.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie denn zusammen?

Bei RegioFair fahren wir zwei Schienen: Die eine ist die klassische Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL oder der Fachhochschule Nordwestschweiz. Die andere besteht aus einer Gruppe von Leuten zwischen fünfzig und achtzig Jahren, auf die ich zurückgreifen kann. Sie alle wissen noch, wie Produkte ohne Aroma- und Konservierungsstoffe hergestellt wurden. Das ist der Weg, den der Fachhandel gehen muss. Nur so erreichen wir die Leute und können ihnen zeigen: Unsere Produkte sind keine Bauchfüller, sondern Mittel zum Leben. Denn Essen soll genussvoll sein – und das wollen wir mit unseren Produkten vermitteln.

Rund fünfzig Prozent des Verkaufspreises ihrer Produkte fliessen an die Produzentinnen und Produzenten zurück.

Entscheidend ist der Endverkaufspreis. Und hier gilt die Faustregel: Ein Produkt beim Bauer abgeholt mal den Faktor zwei. Bio-Läden müssen an attraktiven Lagen in den Städten mindestens 35 Prozent Marge haben, damit sie überleben können. Der Bio-Fachhandel muss schauen, dass er eine eigene Preispolitik hinkriegt, bei der alle gewinnen – die Bäuerinnen und Bauern, die Verarbeiter und die Fachhändler.

Blicken wir nach vorne: Können Sie skizzieren, wie sich RegioFair und Agrovision in den nächsten Jahren weiterentwickeln werden?

Mir ist es sehr wichtig, dass die Bauernfamilien, die uns beliefern, Freude haben, mit uns zusammenzuarbeiten. Zweck von RegioFair ist eine nachhaltige Landwirtschaft und ein gesunder Bauernstand. Und das werden wir auch weiterhin so halten. Um unseren Knospe-Bäuerinnen und -Bauern eine Perspektive zu bieten, müssen wir Mengen schaffen. Das heisst – entwickeln und verkaufen.

Sie sind derzeit stark am Wachsen. Können Sie auch in Zukunft dem Anspruch „Regional“ genügen oder müssen Sie als Folge der grossen Nachfrage den Begriff „Regional“ über die Zentralschweiz hinaus ausdehnen?

Wir haben in der Zentralschweiz unglaublich viele innovative Betriebe, die auf Jahre hinaus das Regio in unserem Firmenamen garantieren. Auf der Suche nach neuen Produkten hat es genügend Bäuerinnen und Bauern, die mich mit den nötigen Rohstoffen versorgen. Und die Verarbeitung haben wir bis heute noch immer hingekriegt (lacht).

Was machen Sie mit dem Preisgeld von 10‘000 Franken?

Ein neues Produkt entwickeln.

Sie haben noch einen Wunsch frei an die Konsumentinnen und Konsumenten.

Knospe-Rohstoffe und -Produkte, denen man genügend Zeit gibt, um zu reifen, sind immer preiswert – sprich, sind den Preis wert. Gehaltvolle Lebensmittel ohne Zusatzstoffe sind nicht nur gesund, sondern heben sich auch im Geschmack deutlich ab. Ich wünsche mir, dass dies die Konsumentinnen und Konsumenten noch vermehrt suchen – und dann bei uns finden.

Interview: Lukas Inderfurth, Bio Suisse

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