Glebuk Lukyanenko, Biolandwirt in der Ukraine: «Bio gemeinsam voranbringen»

05. Februar 2019



Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL und das Staatssekretariat für Wirtschaft in der Schweiz spielten eine tragende Rolle im Aufbau der Bio-Landwirtschaft in der Ukraine. Als das Bio-Markt-Entwicklungsprojekt 2005 startete, gab es 72 zertifizierte Bio-Bauern. Heute sind es rund 300. Einer der Vorzeigebetriebe ist Agroecology. Seit der Gründung vor vierzig Jahren gilt dieser als Pionier im Biolandbau in der Ukraine. Betriebsleiter Glebuk Lukyanenko, der den 7’500 Hektaren grossen Hof in dritter Generation betreibt, erläutert die besonderen Herausforderungen sowie die Zukunft des Biolandbaus in der Ukraine.


Wann haben Sie Ihren Betrieb auf Bio umgestellt?

Wir haben vor rund dreissig Jahren auf Biolandbau umgestellt, also noch zur Zeit des Sowjet-Kommunismus. Mein Grossvater wollte auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln verzichten, weil die Arbeiter, welche mit den Pestiziden arbeiteten, krank geworden sind.



War das ein schwieriger Schritt?

Mein Grossvater war überzeugt, dass dies der richtige Schritt war. Er ist eine starke Persönlichkeit und hat dies konsequent umgesetzt. Der Mechanismus damals war einfach: Die vom Staat erlassenen Ertragsvorgaben mussten erfüllt werden, egal wie. Und da mein Grossvater diese Ziele auch nach der Umstellung auf Bio stets erreichte, liess ihn der Staat machen.

Ihr Betrieb ist auch Knospe-zertifiziert, warum?

Wir produzieren erst seit vier Jahren nach den Richtlinien von Bio Suisse. Ich wurde von einem Schweizer Importeur kontaktiert. Nachdem wir die Standards studiert hatten, kamen wir zum Schluss: Das machen wir.

Was sind die besonderen Herausforderungen, in der Ukraine nach den Richtlinien von Bio Suisse zu produzieren?

Die besondere Herausforderung der meist sehr grossen Betriebe sind die Fruchtfolge sowie ein vernünftiger Nährstoffkreislauf. Dazu gehört bei uns zum Beispiel auch die Untersaat im Sommergetreide mit Esparsette als Gründüngung. Wir haben rund 7’000 Kühe, betreiben also auch Milchwirtschaft. Das heisst, neben der Gründüngung stehen uns Mist und Kompost als wertvolle Dünger zur Verfügung. Dies steigert am Ende unsere Erträge.


Wie gross ist der Bio-Anteil in der ukrainischen Landwirtschaft?

Die Ukraine verfügt über 42 Millionen Hektaren an äusserst fruchtbaren Schwarzerde-Böden – das ist mehr als das Zehnfache der gesamten Fläche der Schweiz. Heute bewirtschaften rund 300 Bio-Bäuerinnen und -Bauern etwa ein Prozent der Gesamtfläche.

Wie gross ist Ihr Betrieb und welche Kulturen bauen Sie an?

Von den 7'500 Hektaren der Betriebsfläche gehören uns nur wenige Hektaren, da in der Ukraine grundsätzlich keine Person über mehr als zwei Hektaren verfügen darf. Den allergrössten Teil haben wir also dazu gepachtet. Wir bauen Getreide wie Mahl- oder Futterweizen, Gerste, Hafer und Roggen an, aber auch Sonnenblumen, Linsen, Kichererbsen und Lein.

Wie viele Mitarbeitende arbeiten auf dem Betrieb?

Es sind rund 400 Personen. Dabei sehen wir uns als sozial verantwortlichen Arbeitgeber. Neben einem fairen Lohn achten wir darauf, dass sich unsere Mitarbeitenden gesund ernähren und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Wir engagieren uns auch in der Gemeinde. So liessen wir zwei Kirchen bauen und unterstützen Schulen und Veranstaltungen für die Bevölkerung. Das fördert die Zufriedenheit und hält die Leute im Dorf. Wir haben auch ein Trainingszentrum gegründet, um unsere Erfahrungen und unser Wissen auszutauschen und so den Biolandbau in der Ukraine gemeinsam voranzubringen. Es kommen auch Schulklassen, die Kinder werden über den Bio-Anbau informiert.

Wie und wo informieren Sie sich über Weiterentwicklungen im Bio-Landbau?

Wir lesen Fachliteratur aus Europa und auch aus den USA. Zudem tauschen wir uns in der Bio-Szene hier in der Ukraine aus, aber auch über die Landesgrenzen hinaus. So besuchen wir beispielsweise die Öko-Feldtage in Deutschland. Daraus sind Freundschaften entstanden, die sehr wertvoll sind. Denn nur über den Austausch innerhalb der gesamten Bio-Branche können wir lernen und den Biolandbau als Ganzes voranbringen.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Biolandbaus in der Ukraine?

Das hängt stark davon ab, ob und wann die Politik die längst fällige Landreform angeht. Die ukrainische Landwirtschaft kann ihr enormes Potenzial nur ausschöpfen, wenn das Verkaufsmoratorium abgeschafft wird. Sprich: Erst wenn wir Bauern auch Ackerland kaufen und nicht nur pachten können, wird sich die Landwirtschaft und insbesondere der Biolandbau in meinem Land weiterentwickeln können.

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